Klartext

Rette mich, wer kann

Ich kann ja auch mal einen Pulli mehr anziehen, sage ich mir. Ich sitze am Schreibtisch, friere, will aber die Heizung nicht hochdrehen. Schliesslich muss ich dazu beitragen, dass der weltweite CO2-Ausstoss sinkt. Ich ziehe also einen Pulli mehr an und friere trotzdem weiter, so im Sitzen, beim Schreiben. Ich verzichte auch auf Tee. Der Wasserkocher frisst viel Strom. Immerhin einen kleinen schwarzen Kaffee gönne ich mir. Schmeckt, wärmt aber nicht. Ich kann ja auch mal einen Pulli mehr anziehen, sage ich mir nochmals. Und nochmals keinen Tee, nur ein kleiner Kaffee. Schliesslich muss ich dazu beitragen, die Welt zu retten. Und friere weiter, denn die Kälte steckt mir längst schon in den Knochen. Ich kann ja auch mal einen Pulli mehr? Ich habe keine Pullis mehr, aber noch einen Bademantel, eine Lederjacke, einen Wintermantel und eine Bettdecke. 

Es klingelt, dann kommt er durch die offene Tür rein, mein Kumpel. Ich habe vergessen, dass er mich besuchen wollte. Er findet mich auf dem Sofa, in kalten Schweiss gebadet, umwickelt vom Wohnzimmerteppich, zitternd von einem Dutzend Tassen Kaffee. Er rümpft die Nase, reisst alle Fenster auf, dreht sofort die Heizung hoch und kocht drei Liter Tee mit Kraut. Jetzt sitzen wir im Trainer im  geheizten Zimmer und essen Salami. Mein Kumpel hat mich gerettet. Und mit Schreiben bin ich auch fertig.

Christian Felix