Astrid Künzler
ist Gesamtleiterin des Tanzfest Winterthur.
Jeremy Hulette Bild: Martina Kleinsorg
Neu-Gastronom Jeremy Hulette kann von Umbauarbeiten bis zum Crowdfunding auf vielfältige Unterstützung zählen und lernt jeden Tag dazu.
Gastronomie Jeremy Hulette hat grosse Pläne: Das Roxy Vinyl Café soll «ein Treffpunkt für Musik- und Kaffeefans in Winterthurs pulsierender und wachsender Kulturgemeinde» sein. So beschreibt der 52-Jährige sein Projekt in Kurzform auf der Crowdfunding-Plattform wemakeit.ch. Die 15 000 Franken, die er dort zu sammeln hofft, decken nur einen kleinen Teil der Kosten – den Rest finanziert der gebürtige US-Amerikaner, der seit 2008 mit seiner Familie in Winterthur lebt, aus seiner eigenen Tasche: «Es ist für mich kein Investment, sondern ein Herzensprojekt.»
Den Wunsch, ein eigenes Café zu eröffnen, hege er schon lange, die Familienferien letzten Sommer entlang der Ostküste der USA gaben den entscheidenden Kick: «In New York wohnten wir in einem Jazz-Hotel im Stil der japanischen Jazz-Kissa-Kultur.» Jene kleinen Bars und Cafés, in denen Getränke serviert und Jazz-Platten auf alten Hifi-Anlagen abgespielt werden, begeisterten Jeremy Hulette bereits auf einer Asienreise, nun dienen sie ihm als Inspiration: «Ich fasste den Entschluss, es ernsthaft zu versuchen.»
Seine Karriere im Bereich Grafik- und Webdesign in Startups und multinationalen Unternehmen startete der 52-Jährige vor 25 Jahren in San Francisco. Gastroerfahrung sammelte er als Student in seiner Heimat, der Musikstadt Tucson im Bundesstaat Arizona. «Von Fachleuten aus der Winterthurer Szene holte ich nun wertvolle Tipps, was ich als Neu-Gastronom beachten muss.»
Dank dieser Kontakte kam er schneller als erhofft zur perfekten Location: Zum 1. April konnte er die Räumlichkeiten an der Neustadtgasse 1a übernehmen, welche zuletzt «Das Bar» und vormals «La Cyma» beheimatete. «Als es sich im Januar anbahnte, habe ich mein Jobpensum auf 80 Prozent reduziert und widme mich seither jeden freien Moment der Vorbereitung.» Er schätze sich glücklich, viele Leute zu treffen, die ihm helfen, seinen Traum zu verwirklichen. «Ich lerne täglich etwas dazu.» Gerade sind zwei befreundete Schreiner dabei, Regale für die Vinyls zu bauen. Im hinteren Bereich soll in Kooperation mit «Hifi Records» ein Sortiment zum Verkauf angeboten und vorne die Haus-Kollektion prominent platziert werden. «Rund 150 Platten bringe ich als Grundstock mit, viel Jazz, aber auch ein Mix von 1970er-Rock bis Chill out.» Ergänzt wird die Sammlung von seinem Schwager, der als Teilzeit-DJ in Zürich Tausende Vinyls besitzt. «Das Musikprogramm soll gemütliches Feeling verströmen und wird der Tageszeit angepasst.» An diesem Nachmittag soll das Herzstück, ein audiophiles Soundsystem, geliefert und installiert werden. Vom Plattenspieler bis zu den Lautsprechern stammen alle Komponenten aus den 1970er- bis 1990er-Jahren «für einen schönen, warmen Klang».
Seine Frau Diana Bruni Hulette, gebürtig aus St. Gallen und angehende Primarlehrerin, hat ihm beim «Papierkram» geholfen und war für Möbel und Deko im Vintage-Stil verantwortlich. Den Tresen im Zentrum des Raumes lässt Jeremy von der dunklen Verblendung befreien: «Das Metall darunter wirkt viel interessanter.»
Auf 186 Quadratmetern mit rund 50 Sitzplätzen werden schon bald Kaffee, Craft-Bier und Bio-Wein serviert, auch einige Cocktails stehen auf der Karte. «Eine Küche gibt es nicht, doch bieten wir vielleicht Cakes und Sandwiches an.» Oder typisch amerikanische Bagels, die der Vater zweier Teenagertöchter am Wochenende zu den Saxofonklängen von John Coltrane bislang nur für seine Familie und Freunde gebacken hat.
Zwei Servicekräfte für die Bar sind bereits angestellt, eine Barista wird folgen. Seine eigenen Kenntnisse hat Jeremy Hulette in einem Kurs aufgefrischt und sich zum Üben eine Profimaschine für zu Hause angeschafft: «Einen guten Cappuccino bekomme ich hin.» Geöffnet soll zunächst von donnerstags bis sonntags sein, voraussichtlich ab Mitte April, «zum Warmlaufen» nur tagsüber. Die offizielle Eröffnung mit abendlichem Barbetrieb ist für Anfang Mai geplant, bis dahin wird auch die Website des Cafés aufgeschaltet sein. Martina Kleinsorg
Weitere Informationen:
www.wemakeit.com/projects/roxy-vinyl-cafe-winterthur
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