Astrid Künzler
ist Gesamtleiterin des Tanzfest Winterthur.
Cori Coleman hilft den BCW-Frauen mit Punkten und viel Erfahrung.
Niemand wirft in der NLB der Frauen mehr Punkte, schon gar nicht von der Drei-Punkte-Linie. Cori Coleman lernte ihr
Basketball Zum Flughafen JFK sind es nur fünf Minuten, zum nächsten Park mit Basketballplätzen zwei Minuten. Cori Coleman wächst als Tochter einer Arbeiterfamilie in Queens auf. New York City. Der ältere Bruder spielt oft mit Freunden Basketball, nimmt die kleine Schwester mit. Unter dem Korb hat Cori keine Chance, also nimmt sie die Würfe aus der Distanz. Immer wieder, sie trifft und trifft. Ein zufällig anwesender Trainer entdeckt sie, sieht ihr Talent. Coleman erhält ein Stipendium an der Cleveland State University in Ohio. Die 40 000 Dollar pro Jahr, die diese Ausbildung sonst kosten würde, könnte sich die Familie nicht leisten. Cori macht einen Abschluss in Public Relations und verlässt das College als sechstbeste Punktesammlerin und beste Drei-Punkte-Werferin der Schule aller Zeiten. Der Traum von der Profiliga WNBA erfüllt sich zwar nicht, doch in anderen Ländern sind Spielerinnen solcher Qualität begehrt. Cori Colemans grosses Abenteuer beginnt.
Die New Yorkerin verschlägt es als 22-Jährige mit einem guten Vertrag nach Vimpeli, ein 200-Seelen-Dorf im Norden Finnlands, fast in Lappland. «Ich wohnte auf einem Bauernhof mit Kühen. Es hatte einen Lebensmittelladen, eine Tankstelle und ein Restaurant. Wer in eine Bar wollte, musste 30 Minuten durch den Schnee zum nächsten grösseren Ort fahren», blickt sie lachend zurück. Coleman ist eine von vier Amerikanerinnen im Team, trainiert mehrmals täglich – viel mehr gibt es nicht zu tun, Skisport ist wegen der Verletzungsgefahr verboten. «Es war schon etwas langweilig, sportlich hingegen cool und lehrreich. Und die Fans waren nett, sie versorgten uns mit gestrickten warmen Kleidern.» Heute weiss sie: «Nach einem finnischen Winter kommst du überall auf der Welt zurecht.» Als Kontrastprogramm wechselt sie nach Marokko. Hitze, Ramadan, unbekannte Gewürze – eine komplett andere Kultur. Dann Luxemburg, zwei Vereine in Deutschland, Ägypten, wieder Luxemburg. «New York ist ein kultureller Schmelztiegel – es fällt mir leicht, mich auf neue Situationen einzustellen und überall etwas mitzunehmen», sagt sie. Dass sie nie länger als eine Saison bei einem Verein bleibt, hat verschiedene Gründe. «Nur Spitzenvereine verfügen über das Budget, um längerfristig zu planen. Und wenn Klubs eine einheimische Spielerin für eine bestimmte Position finden – wie etwa meine als Guard – verlängern sie den Vertrag nicht», erklärt sie.
Mitte Januar 2023. Die Basketballerinnen des BC Winterthur nehmen in der Sporthalle des Schulhauses Neuhegi nach der Weihnachtspause den Spielbetrieb wieder auf, schlagen Sion in der Zwischenrunde der besten acht NLB-Equipen mit 72:56. Die 29-jährige Cori Coleman wirft 43 Punkte, wie gewohnt sind viele «Dreier» mit dabei. Mit über 30 Punkten im Schnitt ist sie die beste Punktesammlerin der ganzen Liga. «Unser junges Team hat seit Saisonbeginn grosse Fortschritte erzielt. Die Girls haben das Talent, sie brauchen nur noch etwas mehr Selbstvertrauen auf dem Feld», lobt sie ihre Teamkolleginnen. Nebenbei betreut sie die U16-Juniorinnen des Vereins. «Die Girls haben mir letzte Woche erklärt, wie ich von meinem Wohnort in Wülflingen per Zug zur Halle komme – bisher nahm ich immer den Bus», erzählt sie lachend. Als New Yorkerin ist sie es gewohnt, sich per ÖV zu bewegen. Wie viele sportliche Stationen sie noch vor sich hat, weiss sie hingegen nicht. «Ursprünglich plante ich, die Profikarriere mit 30 zu beenden – und im Sommer werde ich 30. Aber ich fühle mich wie 24 und meine Mutter sagt immer, dass ich noch lange genug einem normalen Bürojob nachgehen kann.» Gut möglich also, dass Cori Colemann noch länger ihre in Queens gelernten Wurfkünste zeigt. In welchem Verein, Land oder Kulturkreis auch immer.
⋌Damian Keller
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