Peter Dietschweiler
und die Andelbach-Köhler laden zum Köhlerfest
Die Kantonsregierung bleibt, wie sie ist. Die altbekannten Gesichter regieren für weitere vier Jahre. Die Konkurrenz muss sich geschlagen geben.
Regierungsrat Sie sind gewählt. Die sieben Regierungsräte des Kantons Zürich. Von Überraschungen konnte am Wahlsonntag nicht die Rede sein. Von den 17 Kandidierenden wählte die Zürcher Stimmbevölkerung die sieben Bisherigen wieder. Die Ausgangslage für die Wahlen war ungewöhnlich. Im Regierungsrat gab es keinen einzigen Rücktritt und damit keine Vakanz.
Am meisten Stimmen sammelte Mario Fehr (siehe Infobox unten). Der Ex-Nationalrat geniesst eine hohe Beliebtheit, obwohl er sich im letzten Sommer von der SP trennte. Seit zwölf Jahren ist Fehr bereits Vorsteher der Sicherheitsdirektion im Kanton. Bekannt ist er für eine Mischung aus sozialer Politik und konsequenter Durchsetzung von Gesetzen, nicht zuletzt in der Asylpolitik. Das hat ihm Stimmen aus fast allen Lagern gesichert.
Ein erstaunlich gutes Ergebnis verzeichnete die Winterthurer SVP-Politikerin Natalie Rickli. Noch vor vier Jahren holte sie sich als Siebte den Regierungsratssitz. Dieses Jahr erreichte Rickli das zweitbeste Resultat. Sie verwies ihren Parteikollegen und amtierenden Regierungsratspräsidenten, Ernst Stocker, auf den dritten Platz.
Natalie Rickli, Sie überholten in dieser Wahl auch Ihren Parteikollegen. Wie fühlt sich das an?
Ich freue mich natürlich sehr. Doch gibt es zwischen mir und Ernst Stocker keine Konkurrenz. Wir arbeiten zusammen.
Und wie erklären Sie sich ein so gutes Ergebnis?
Die Wählerinnen und Wähler wollen in bewegten Zeiten wie diesen Personen mit Krisenerfahrung. Sie wünschen sich Stabilität.
In der Gesundheitsdirektion sind Sie für die Infrastruktur der Spitäler verantwortlich. Die Bauarbeiten beim Kantonsspital Winterthur sind abgeschlossen. Es stehen nun aber weitere Projekte an. Wird das Gesundheits- bald zum Baudepartement?
Das natürlich nicht. Die Spitäler bauen ja in eigener Regie. Allerdings wird in den nächsten Jahren viel Geld in die Gesundheitsinfrastruktur fliessen. Dies vor allem in die Universitätsklinik Zürich.
Im Mittelfeld sicherte sich Martin Neukom einen Regierungsratssitz. Wie Rickli ist Neukom seit 2019 im Regierungsrat. Und wie die SVP-Politikerin kommt der Grünen-Politiker aus Winterthur. Dass seine Partei mit weniger Sitzen im Kantonsrat auskommen muss, hatte auf sein Ergebnis keinen Einfluss.
Martin Neukom, Sie haben ein gutes Ergebnis erzielt. Wie sehen Sie das selbst?
Ich bin sehr zufrieden. Ich habe sogar deutlich mehr Stimmen gemacht als 2019.
Ihre Baudirektion plant 180 Windräder im Kanton zur Stromherstellung. Werden auf den Winterthurer Hügeln bald Windräder zu sehen sein?
Wir planen nicht die Windräder, sondern wir erarbeiten Planungsgrundlagen für Standorte, wo Windräder zu stehen kommen könnten. Mein Ziel ist eine sichere Energieversorgung. Das ist mit Windenergie eher zu erreichen als ohne.
Also konkret: Wird man aus der Winterthurer Altstadt am Horizont Windräder sehen?
Warum nicht? Ich fände das sogar schön. Den unerbittlichen Widerstand gegen die Windanlagen verstehe ich nicht.
Leichten Gegenwind verspürte die dritte wiedergewählte Winterthurerin, Jacqueline Fehr. Vor wenigen Wochen musste sie zu einem Datenskandal Stellung nehmen. Aus ihrer Direktion sind Festplatten im Rotlichtmilieu aufgetaucht. Es handelte sich um Datenträger, die vor ihrer Amtszeit falsch entsorgt wurden. Dies schlug Wochen vor der Regierungsratswahl Wellen.
Am vergangenen Wahlsonntag landete sie auf Platz fünf. Im Vergleich zu der Wahl im Jahr 2019 verlor sie drei Plätze. Mit Silvia Steiner und Carmen Walker Späh bildete die SP-Politikerin das Schlusslicht. Es trennten sie lediglich wenige tausend Stimmen voneinander. Das Dreiergespann wurde jedoch deutlich wiedergewählt. Der Abstand zu den neu Kandidierenden war beträchtlich.
Jacqueline Fehr, Sie wurden klar wiedergewählt, aber mit einem Ergebnis, das trotz guter Parteibasis sogar hinter dem Grünen Martin Neukom liegt. Ist das die Folge der Aktenaffäre in der Direktion der Justiz und des Innern?
Das Ergebnis passt zu einer Politikerin, die gestaltet. Ich bin auch in Bereichen präsent, wo es keinen Applaus gibt. So haben wir in meiner Direktion Fortschritte erreicht – in der Kultur-, Religions- und Integrationspolitik zum Beispiel.
Nachdem sich Mario Fehr und die SP im Streit getrennt haben, strebte die Partei für 2023 einen zweiten Sitz im Regierungsrat an. Die grosse Hoffnung der SP, Priska Seiler Graf, musste sich jedoch geschlagen geben. Das Ergebnis, das sie im Wettstreit mit Bisherigen erreichte, ist immerhin ein Achtungserfolg.
In vier Jahren dürfte es mehr Bewegung im Regierungsrat geben. Nach der kommenden Amtszeit erreichen vier Ratsmitglieder das Rentenalter. Mario Fehr wird 69 Jahre alt, Ernst Stocker sogar 72. Je nachdem wer dann zurücktritt, ergeben sich völlig neue Möglichkeiten. Sicher streben die FDP und SP einen zweiten Sitz an. Und auch die GLP möchte endlich im Regierungsrat vertreten sein. Einen Sitz abgeben will natürlich niemand.
Jan Gubser
Gewählt:
Mario Fehr, parteilos:
192 711
Natalie Rickli, SVP:
181 842
Ernst Stocker, SVP:
177 639
Martin Neukom, Grüne:
161 864
Jacqueline Fehr, SP:
148 610
Silvia Steiner, Die Mitte:
146 242
Carmen Walker Späh, FDP:
145 444
Nicht gewählt:
Priska Seiler Graf, SP:
120 586
Peter Grünenfelder, FDP:
108 395
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